Konnekt: Interkommunale Kooperation und Transformation als Grundlage einer regionalen Kreislaufwirtschaft und einer nachhaltigen Regionalentwicklung im Landkreis Saarlouis

Zukunftsforschung, Vorstellungskraft und Megatrends

Zukunftsgestaltung durch Wege in wünschenswerte Zukünfte

Autor*innen: Edgar Göll & Marguerite Sievi – Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung gGmbH (IZT)

Der Bedarf an Erkenntnissen der modernen Zukunftsforschung steigt angesichts komplexer und dynamischer werdender Verhältnisse in den Gesellschaften, auch auf lokaler und regionaler Ebene. Politik, Verwaltung und Bevölkerung brauchen zunehmend Unterstützung, um sich künftige Entwicklungen vorstellen zu können. Mithilfe von Megatrends können Zukünfte in Kommunen und Gesellschaft beschrieben, erforderliche Weichenstellungen abgeleitet und Entscheidungen bereits heute fundiert getroffen werden. Lokale Potenziale für eine nachhaltige Entwicklung sollten gefördert und ein Bürger*innenrat und Jugendgemeinderat geschaffen werden.

Die rapiden Veränderungen unserer Gesellschaft und Kommunen bringen neuartige Herausforderungen mit sich. Der Orientierungs- und Lösungsbedarf für die Bewältigung von Klimawandel, Biodiversitätsverlust, Veränderung der Bevölkerungsstruktur, Krise der Stahl- und Automobilbranchen ist groß und dringlich. Die wissenschaftliche Zukunftsforschung kann dazu beitragen, indem sie ihre Erfahrungen und Methoden für fundierte künftige Entwicklungsoptionen bereitstellt, und bei der Beschreibung von möglichen, wahrscheinlichen und wünschbaren Zukünften mitwirkt. Die Gestaltbarkeit der künftigen Möglichkeiten wird damit gemeinsam bewusst und sichtbar gemacht. Mit derartiger Unterstützung kann besser auf eine wünschenswerte Zukunft hingearbeitet werden, z. B. mit dem Leitbild „nachhaltige Entwicklung“. Eine Methode, um die Vorstellungskraft von Menschen zu stärken, kreative Denkprozesse anzuregen und erstrebenswerte Visionen und inspirierende Zukunftsbilder „auszumalen“, ist die Megatrendanalyse. Sie wurde für die Region Saarlouis angewendet und ergänzt durch Fachgespräche und Workshops.

Megatrends im Saarland und der Region Saarlouis

Megatrends sind einflussreiche Trends, also umfassende Veränderungen und langfristige Entwicklungen. Sie haben große gesellschaftliche Auswirkungen und
beeinflussen viele Lebensbereiche. Im Rahmen von Konnekt wurden Megatrends beschrieben, um langfristige Entwicklungen greifbarer und Elemente von zeitlich entfernten Zuständen besser vorstellbar zu machen. Mit einem weiteren Arbeitsschritt wurden die möglichen Auswirkungen, die Chancen und Risiken der Megatrends für den Landkreis Saarlouis konkretisiert. Die Projektpartner wählten aus einer Liste von 16 Megatrends acht Megatrends aus, die sie aus ihrer
Perspektive und ihrer Erfahrung nach als wesentlich für das Saarland und für den Landkreis Saarlouis einschätzen und die bei der weiteren Arbeit berücksichtigt
werden sollten (siehe Schaubild).

Abbildung: Ausgewählte Megatrends mit besonderer Relevanz für das Saarland und den Landkreis Saarlouis

Die im Folgenden skizzierten Beispiele umfangreicher Veränderungen sind bereits mehr oder weniger wahrnehmbar und betreffen alle Lebensbereiche:

  1. Als bedeutsamster Megatrend wurde der Klimawandel samt seiner Folgen und der damit verbundenen notwendigen Klimaanpassung eingeschätzt. Neben den Problemen u. a. in der Land- und Forstwirtschaft werden negative Folgen für die menschliche Gesundheit inkl. psychischer Belastungen zunehmen. Infrastrukturen und Katastrophenschutz sowie die jeweiligen Politik- und Wirtschaftsbereiche sind anzupassen. Die Problembehandlung wird zunehmend drängender, aufwändiger und teurer.
  2. Der ökonomische Strukturwandel wird einschneidende Herausforderungen mit sich bringen und von umfassenden technologischen Innovationen begleitet und beeinflusst. Das ist insbesondere die intensiver werdende Digitalisierung und Virtualisierung. Zahlreiche alltägliche Abläufe in Produktion, Dienstleistungen sowie Haushalt und Freizeit werden sich wandeln und bisherige Routinen ergänzen bzw. ersetzen. Allerdings muss mit disruptiven Datenschutzproblemen sowie Cyber- und Terrorattacken auf Unternehmen und Infrastrukturen gerechnet werden.
  3. Angesichts solcher künftigen Herausforderungen wird zugleich eine Zunahme von Umweltbewusstsein und ökologischer Sensibilisierung erwartet, und schließlich auch eine steigende Bereitschaft bzw. Verpflichtung, entsprechend zu handeln. Hierfür sind die Nachhaltigkeitsstrategie, Bildung für Nachhaltige Entwicklung und zahlreiche Aktivitäten in der Region ein guter Ausgangspunkt.

Von diesen Megatrends dürften auch die im KONNEKT-Projekt fokussierten Gestaltungsbereiche in sehr unterschiedlicher Intensität betroffen werden. So trifft dies in hohem Maße auf die erwünschte Schaffung nachhaltiger Wohngebiete und Gewerbegebiete zu. Ebenfalls wird erwartet, dass die Megatrends den Aufbau von Stoffstrom- und Energiemanagement beeinflussen werden. Als weniger intensiv werden die Einflüsse auf den Regionalmarkt und die Flächennutzungsplanung sowie deutlich schwächer für die gemeinsame Verwertung des Grünabfalls eingeschätzt.

HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN

  • Gezielte Förderung der lokalen, regionalen Erfahrungen und Potenziale für eine zukunftsfähige nachhaltige Entwicklung. Die im Alltag praktizierten Verhaltensweisen und Tätigkeiten sollten zukunftsbezogen ergänzt und unterstützt werden.
  • Sinnvoll wäre ein „Kümmerer“ bzw. eine „Kümmerin“ (Person oder ein kleines Team): Sammlung/ Aufbereitung von Erkenntnissen und erfolgreichen Praxisbeispielen, Impulsgeber, Veranstaltungen. Eine Anknüpfung an Akteure des Konnekt-Projektes bietet sich hier an.
  • Zweckmäßig und ressourcensparend: Anknüpfung an existierende Vorhaben und Strategien in der Region und an beteiligte Akteure; Unterstützung ihrer Wirkungen angesichts der Megatrends und künftigen Bedarfe (Beispiel „Saarländische Nachhaltigkeitsstrategie“).
  • Zunächst beispielhaft zu einem strategisch wichtigen Problem: Durchführung eines Bürgerrates (eine heterogen zusammengesetzte und zufällig ausgewählte Gruppe von Bürger*innen erarbeitet abgestimmte Empfehlungen zu einer bestimmten Fragestellung); z. B. Einsatz durch den Gemeinderat; Ergänzung zu repräsentativen Entscheidungen.
  • Aufgrund des Zukunftsbezugs Prüfung, ob ein Jugendgemeinderat eingerichtet werden kann, um die junge Generation frühzeitig an künftigen Entwicklungen/ Entscheidungen mitwirken zu lassen und darauf bezogene Lernprozesse aller Beteiligten zu fördern.
  • Durchführung partizipativer Veranstaltungen für besonders wesentliche Themen (z. B. im Format „Zukunftskonferenz“).

Literatur:

Rolf Kreibich: „Zukunftsforschung“ (IZT-Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung, Berlin 2006, Zugriff: https://www.izt.de/media/2022/10/IZT_AB23.pdf
Reinhold Popp: „Zukunftswissenschaft & Zukunftsforschung. Grundlagen und Grundfragen. Eine Skizze.“ LIT Verlag, Münster 2016