Konnekt: Interkommunale Kooperation und Transformation als Grundlage einer regionalen Kreislaufwirtschaft und einer nachhaltigen Regionalentwicklung im Landkreis Saarlouis

Die regionale Kreislaufwirtschaft der Zukunft im Landkreis Saarlouis

Autor*innen: Ulrike Schinkel & Mike Speck – IZES gGmbH

Ausgangssituation im Untersuchungsraum

Der seit den 1970er Jahren andauernde Strukturwandel stellt das Saarland vor große wirtschaftliche Herausforderungen, die sich auch in der finanziellen Lage der Kommunen widerspiegeln. Die meisten Kommunen sind überschuldet oder von Überschuldung bedroht. Gleichzeitig steigen die Sozialausgaben, insbesondere die Kinder- und Altersarmut nehmen kontinuierlich zu. Zusätzlich ist das Saarland perspektivisch stark vom demografischen Wandel betroffen; die Bevölkerung schrumpft und wird immer älter. Eine weitere Herausforderung für das Saarland und seine Kommunen stellen die Folgen des Klimawandels dar. Der Landkreis Saarlouis als Untersuchungsraum für das Projekt Konnekt ist im besonderen Maße von den genannten Herausforderungen betroffen.

Zielsetzung des Projekts

Um den Landkreis Saarlouis und seine Kommunen zukunftsfähig aufzustellen, müssen jetzt die Weichen gestellt werden. Ziel des Projekts Konnekt war es, diesen Prozess aktiv durch Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sowie durch die intensive Arbeit mit den Akteuren zu unterstützen. Die nachhaltige, regionale Kreislaufwirtschaft wurde hierbei in Anlehnung an den Green Deal zur Klimaneutralität Europas (Europäische Kommission 2019), den Aktionsplan Kreislaufwirtschaft der EU (Europäische Kommission 2020) und der Territorialen Agenda 2030 (Ministerinnen und Minister für Raumordnung, Raumentwicklung und/oder territorialen Zusammenhalt 2020) weitergedacht und als Treiber ökonomischer, ökologischer und sozialer Innovation ins Zentrum der Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten gestellt.  Der Landkreis Saarlouis und seine Kommunen sollen sich im Sinne eines Innovationsökosystems in einen Ort der Zukunft entwickeln, der durch gelebte interkommunale Kooperation und durch aktives Engagement aller Akteure mitgestaltet wird. Dafür wurden im Rahmen von Konnekt Innovationspotenziale in den Bereichen Energie, Siedlungswasserwirtschaft und Abfallwirtschaft/Sekundärrohstoffe identifiziert, entsprechende innovative Technologien und Lösungen ausgearbeitet und konkrete Umsetzungskonzepte und Transformationsprozesse entwickelt und angestoßen, die dem Aufbau regionaler und zukunftsorientierter Wertschöpfungsketten dienen.

Der Weg zur Vision der regionalen Kreislaufwirtschaft der Zukunft

Konnekt verknüpfte Forschung und Praxis, die Gegenwart und die Zukunft und definierte zwei Schwerpunkte, die inhaltlich eng miteinander verzahnt wurden: Der erste Schwerpunkt „Projekt futur“ diente der Entwicklung einer Zukunftsvision („Vision 2100“)  für den Landkreis Saarlouis und seine Kommunen sowie eines entsprechenden Konzepts für die regionale Kreislaufwirtschaft der Zukunft. Der zweite Schwerpunkt „Projekt direkt“ fokussierte sich auf konkrete, teilweise bereits initiierte Ansätze zur Stärkung der regionalen Kreislaufwirtschaft und zum Ausbau der interkommunalen Kooperation.

Aktivierung der Akteure

Einen wesentlichen Schwerpunkt des Projekts bildete die Aktivierung und kontinuierliche Einbindung der Akteure, um den Nutzen und die Umsetzbarkeit der Ergebnisse erhöhen. Folgende Akteursgruppen wurden aktiv angesprochen und in die Projektarbeit einbezogen:

  • Landes- & Kommunalpolitik
  • Landes- & Kommunalverwaltung
  • Wirtschaft & Unternehmen
  • Universitäten & Forschungseinrichtungen
  • Zivilgesellschaftliche Organisationen
  • Bildungseinrichtungen
  • Bürger*innen
  • Wirtschaftsförderung
  • Medien

Eine Besonderheit stellte die Integration der Städte Erfurt, Eisenhüttenstadt, Spremberg und Weimar sowie des Landkreises Weimarer Land als Transferkommunen in das Projekt dar. Vertreter*innen der genannten Kommunen brachten weitere Perspektiven und Erfahrungen in die fachliche Diskussion ein. Der aktive Austausch zwischen Projekt- und Transferkommunen erlaubte gegenseitiges Lernen und die Beurteilung der entwickelten Strategien, Instrumente und Maßnahmen bezüglich ihrer Übertragbarkeit.

Visionsprozess, Zukunftsforschung &  Megatrends

Redet man über die regionale Kreislaufwirtschaft der Zukunft kommt man nicht umhin, auch die aktuellen Megatrends, wie bspw. künstliche Intelligenz und Automatisierung, Globalisierung vs. Glokalisierung oder den demografischen Wandel in Verbindung mit dem positiven Einfluss der Silver Society, zu berücksichtigen. Die Megatrends werden sich auf unterschiedliche Weise auf den Entwicklungsprozess auswirken. Sie stellen sowohl Herausforderungen als auch Chancen dar und erfordern eine integrierte Herangehensweise, um innovative Lösungen zu entwickeln und ihr Potenzial zu nutzen. Im Rahmen von Konnekt wurden unter Einbeziehung der Zukunftsforschung neben den Megatrends auch relevante Entwicklungsstränge und Innovationen, die für den Landkreis Saarlouis perspektivisch relevant werden, identifiziert und zeitlich, hinsichtlich ihrer Relevanz für die regionale Kreislaufwirtschaft grob verortet. Basierend hierauf wurden durch kommunale Akteure im und für den Landkreis Saarlouis eine positive Vision für das Jahr 2100 und entsprechende Entwicklungsziele (Schwerpunkt: regionale Kreislaufwirtschaft) erarbeitet. Die Fokussierung auf das Jahr 2100 half dabei, Zwänge, die sich aus dem aktuellen politischen und rechtlichen Rahmen ergeben, weitestgehend auszublenden und stattdessen möglichst frei ein gewünschtes, positives Zielszenario zu entwickeln. Der Visionsprozess, welcher vorrangig mit kommunalen Akteuren stattfand, wurde durch thematische Lese- und Schreibworkshops mit Kindern, durch Zukunftsworkshops mit Jugendlichen sowie durch strukturierte Interviews mit weiteren Akteursgruppen flankiert.

Bausteine einer regionalen Kreislauf- wirtschaft der Zukunft als Treiber einer nachhaltigen Regionalentwicklung

In diesem Kapitel werden Bausteine einer nachhaltigen, regionalen Kreislaufwirtschaft der Zukunft im Landkreis Saarlouis beschrieben. Der nachfolgende Text bringt Ziele und konzeptionelle Ansätze sowie Gedanken und Wünsche der Akteure zusammen und versetzt die Leser*innen an einen Zeitpunkt, in der die regiona- le Kreislaufwirtschaft bereits Realität ist: In der Vorstellung der Akteure, der Forschungs- und Praxispartner*innen entwickelt sich der Landkreis Saarlouis zu einem visionären Raum, in dem Kommunen, Unternehmen, Wissenschaftseinrichtungen und Bürger*innen gemeinsam kontinuierlich an nachhaltigen Lösungen arbeiten, um die Region zukunftsfähig zu gestalten. Dieses Innovationsökosystem basiert auf den Prinzipien der regionalen Kreislaufwirtschaft und zeichnet sich durch hohe Innovationsfreude, enge (interkommunale) Kooperation, ressourceneffizientes Handeln, das Schließen regionaler Stoff- und Finanzkreisläufe, eine hohe regionale Wertschöpfung und das aktive Engagement aller Akteure aus. Im Einzelnen umfasst dies bspw. folgende Bausteine.

Interkommunale Kooperation und  Zusammenarbeit

Die Städte und Gemeinden des Landkreises teilen Ressourcen, Infrastruktur und Wissen („Staff & Stuff“Sharing), um Synergien zu schaffen, die über die Grenzen einzelner Kommunen hinauswirken. Diese Kooperationen erlauben es, regionale Herausforderungen gemeinschaftlich zu lösen und regionale Kreisläufe zu optimieren.
Konkrete Beispiele hierfür sind bspw. das gemeinsame Stoffstrom- und Energiemanagementsystem der Kreisstadt Saarlouis und der Gemeinde Nalbach für kommunale Liegenschaften oder die für das Vorhaben Konnekt geschaffene geteilte Personalstelle.

Flächenkreislaufwirtschaft

Im Landkreis Saarlouis ist ein gemeinsames Flächenmanagement etabliert. Die Reduktion des Flächenverbrauchs sowie die nachhaltige Nutzung und Wiederverwendung von Flächen stehen hierbei im Fokus. Im Sinne einer Flächenkreislaufwirtschaft werden Flächen als begrenzte Ressourcen verstanden, deren Nutzung, Umwandlung und Revitalisierung kontinuierlich und aktiv geplant und optimiert wird. Die Ansätze der Flächenkreislaufwirtschaft bieten die Möglichkeit, vorhandene Flächen zu reaktivieren, Multifunktionalität zu ermöglichen, Materialkreisläufe zu integrieren und den ökologischen Wert der Flächen zu wahren. Durch interkommunale Zusammenarbeit, digitale Plattformen und adaptives Flächenmanagement kann der Landkreis Saarlouis nicht nur seine ökonomische Wettbewerbsfähigkeit stärken, sondern auch den ökologischen und sozialen Mehrwert seiner Flächen maximieren.
Neben einem kommunenübergreifenden Leerstands- und Brachflächenkataster oder interkommunalen Gewerbegebieten stellt bspw. auch die Kooperation bei der Wohnraumentwicklung einen vielversprechenden Ansatz dar. So ließe sich bspw. durch die Attraktivierung und Aktivierung der Ortsmitten in der Gemeinde Nalbach der Druck auf den knappen Wohnraum in der Kreisstadt Saarlouis reduzieren. Ein entsprechendes Konzept wurde im Rahmen von Konnekt erarbeitet.

Schließen von Stoff-, Energie-  und Finanzkreisläufen

Durch das konsequente Ausschöpfen bestehender Effizienz- und Suffizienzpotenziale sowie durch den Ausbau erneuerbarer Energien ist der Landkreis Saarlouis energetisch autark. Unternehmen, Kommunen und Verbraucher*innen ermöglichen gemeinsam den effizienten Umgang mit Ressourcen. Dies geschieht bspw. durch nachhaltiges Produktdesign, durch die Schaffung symbiotischer Systeme auf Seiten der Produzent*innen, durch den Konsum regionaler Produkte und Dienstleistungen sowie durch die Schaffung und Förderung lokaler Verwertungssysteme. U. a. durch lokale Investitionen, den Regional(waren) markt, die Steigerung der regionalen Wertschöpfung und die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen lässt sich das in der Region erwirtschaftete Kapital weitestgehend in der Region halten. Konkrete Ansätze hierzu sind bspw. die angestrebte energetische und stoffliche Verwertung kommunaler Grünabfälle oder die Bemühungen der Gemeinde Nalbach in puncto nachhaltiges Bauschuttrecycling. Auch auf Ebene von Wohn- und Gewerbegebieten wurden Ansätze zum nachhaltigen Schließen von Stoffkreisläufen erarbeitet.

Regional(waren)markt

Im Landkreis Saarlouis spielt der Regional(waren)markt eine zentrale Rolle. Er fördert die lokale Wertschöpfung, stärkt die regionale Wirtschaft, reduziert die Abhängigkeit von globalen Lieferketten, trägt dazu bei, regionale Stoffkreisläufe zu schließen und finanzielle Mittel in der Region zu halten. Er unterstützt lokale Produzent*innen, Handwerker*innen und Dienstleister*innen als Verkaufs- und Vermarktungsplattform. Aber auch mittlere und große Unternehmen sowie die Land- und Forstwirtschaft sind perspektivisch aktiv in den Regional(waren)markt eingebunden. Dies sichert und schafft nicht nur lokale Arbeitsplätze, sondern fördert auch kurze Transportwege, was bspw. zur Reduktion von CO2-Emissionen und einem geringeren Aufkommen an Transport- und Umverpackungen beiträgt. Durch die Förderung regionaler Kreisläufe wird der Einsatz von Ressourcen effizienter gestaltet. Produkte werden nach Möglichkeit gerettet, wiederverwendet, repariert oder recycelt. Ferner schafft der Regional(waren)markt auch einen Markt für Sekundärrohstoffe.
In Konnekt hat sich der Landkreis Saarlouis intensiv mit dem Auf- und Ausbau des Regional(waren)marktes befasst.

Nachhaltige Wohngebiete

Das Leben und Wohnen im Landkreis Saarlouis sind durch einen bewussten, ressourcenschonenden Lebensstil gekennzeichnet, der auf Gemeinschaft, regionale Kreisläufe und eine enge Verbindung zur Natur und Umwelt setzt. Die Menschen leben in intelligenten, energieeffizienten, ökologischen und gesunden Häusern; sie teilen Ressourcen und Infrastrukturen und sie gestalten aktiv ihre Umwelt mit. Mobilität, Konsum, Wasser- und Energieverbrauch sowie Abwasser- und Abfallmanagement sind nachhaltig organisiert, um die Umwelt zu schonen, Ressourcen zu sparen und gleichzeitig eine hohe Lebensqualität zu gewährleisten.
Am Beispiel der beiden Bestandsgebiete Saarlouis-Innenstadt und Bilsdorf sowie einem innerstädtischen Neubaugebiet in der Stadt Lebach wurde exemplarisch gezeigt, wie sich Innovationspotenziale in den Bereichen Energie, Siedlungswasserwirtschaft und Abfallwirtschaft/Sekundärrohstoffe erschließen lassen und wie das Leben und Wohnen möglichst nachhaltig ausgestaltet werden kann.

Nachhaltige Gewerbegebiete

Das wirtschaftliche Handeln im Landkreis Saarlouis orientiert sich an den Leitplanken der Nachhaltigkeit und Regionalität. Die Gewerbegebiete im Landkreis Saarlouis sind ganzheitlich (um)geplante, zukunftsorientierte Standorte, die ökologische, ökonomische und soziale Aspekte vereinen. Sie zeichnen sich durch eine ressourceneffiziente Bauweise, die Nutzung erneuerbarer Energien, die Schließung von Stoff- und Energiekreisläufen im Quartier, nachhaltige Mobilitätslösungen sowie durch eine starke Gemeinschaft und Kooperationen zwischen Unternehmen aus. Diese Gebiete sind nicht nur wirtschaftlich erfolgreich und als Jobgarant ein Schlüsselfaktor der regionalen Wertschöpfung; sie tragen auch maßgeblich zur Förderung der regionalen Kreislaufwirtschaft und zur Verringerung der Umweltbelastungen bei. Im Rahmen von Konnekt wurden mit dem Lisdorfer Berg II in Saarlouis und Primsaue I & II in Nalbach sowohl ein neues, im Entstehen befindliches sowie ein bereits bestehendes Gewerbegebiet betrachtet. Für neue Gewerbegebiete wurde ein Kriterien- und Maßnahmenkatalog erstellt, mit dem sich die Planung und Umsetzung eines Gewerbegebietes in puncto Nachhaltigkeit aktiv begleiten lässt; auch Bestandsgebiete lassen sich mit dem Kriterienkatalog bewerten. Ferner wurde für jede aufgelistete Maßnahme eruiert, wie diese möglichst verbindlich durch die Kommune festgelegt bzw. implementiert werden kann. Für das Gewerbegebiet Primsaue wurden Konzepte und Ansätze hinsichtlich einer nachhaltigen Transformation erarbeitet.

Innovative Technologien der  Kreislaufwirtschaft

Der Landkreis Saarlouis hat sich zu einem florierenden Innovationsökosystem entwickelt, in dem die Ressourcen optimal genutzt werden; die zirkuläre Wirtschaftsweise hat zu einer drastischen Reduktion von Abfällen und Emissionen geführt. Unternehmen haben ihre Geschäftsmodelle auf die Maximierung der Materialnutzung und auf die Minimierung von Abfall ausgerichtet. Die lokale Bevölkerung ist in diesen Kreislauf eingebunden und beteiligt sich aktiv, indem sie Produkte repariert, teilt oder recycelt. Recyclingeinrichtungen und Produktionsstätten arbeiten Hand in Hand, um Materialien so lange wie möglich im Kreislauf zu halten. Künstliche Intelligenz (KI) spielt eine Schlüsselrolle, indem sie den gesamten Materialfluss in Echtzeit überwacht und steuert. Durch die Analyse von Big Data können Vorhersagen über den Zustand von Produkten und Materialien getroffen werden, sodass Reparaturen, Wiederverwendungen und Recyclingprozesse genau dann erfolgen, wenn es notwendig ist, um maximale Effizienz zu gewährleisten. In Fabriken, die nach dem Konzept der Industrie 4.0 arbeiten, sind Maschinen, die über das Internet der Dinge (IoT) miteinander verbunden sind, vollständig automatisiert und agieren eigenständig. Durch den Einsatz von Robotik und Machine-Learning-Algorithmen können recycelbare Materialien automatisch sortiert, verarbeitet und wieder in den Produktionskreislauf zurückgeführt werden. Durch den Einsatz von 3D-Druckern, die mit recycelten Materialien betrieben werden, ist es möglich, Ersatzteile und Produkte direkt vor Ort und nach Bedarf herzustellen. Neue Materialien zeichnen sich durch Langlebigkeit, Umweltfreundlichkeit und eine hohe Recyclingfähigkeit aus. Die Region nutzt darüber hinaus biologisch abbaubare Werkstoffe, die durch innovative biotechnologische Prozesse gewonnen werden, um Abfälle zu minimieren und die Natur zu schützen. Blockchain-Technologie sorgt für vollständige Transparenz in der Lieferkette, sodass der Weg jedes Produkts und jedes Materials vom ersten Produktionsschritt bis zur Wiederverwertung nachvollzogen werden kann. In der Design- und Entwicklungsphase kommen digitale Zwillinge zum Einsatz. Diese virtuellen Modelle ermöglichen es, die gesamte Lebensdauer eines Produkts zu simulieren, bevor es überhaupt hergestellt wird. Dadurch lassen sich nicht nur Schwachstellen frühzeitig erkennen, sondern auch sicherstellen, dass das Produkt am Ende seiner Nutzungsdauer effizient recycelt oder wiederverwendet werden kann. LeanManagement-Prinzipien sorgen dafür, dass in allen Prozessen unnötige Schritte vermieden und Ressourcenverbräuche so gering wie möglich gehalten werden. In Konnekt wurden die zu erwartenden technischen Innovationen und deren potentieller Einfluss auf die regionale Kreislaufwirtschaft eruiert und erste bestehende Pilotprojekte und -ansätze identifiziert.

Nachhaltige Mobilität und Infrastruktur

Die Mobilität der Zukunft im Landkreis Saarlouis ist ein hochvernetztes, ressourcenschonendes und emissionsfreies System, das die Bedürfnisse von Menschen und Umwelt gleichermaßen berücksichtigt. Durch den Einsatz fortschrittlicher Technologien und Sharing-Modelle sowie nachhaltiger Verkehrsinfrastrukturen werden individuelle und kollektive Mobilitätslösungen geschaffen, die den CO2-Ausstoß drastisch reduzieren und den Zugang zu umweltfreundlicher Fortbewegung für alle ermöglichen. Anstatt eigene Fahrzeuge zu besitzen, nutzen die Menschen eine Vielzahl von geteilten Mobilitätsdiensten. Das autonome Fahren ist weit verbreitet. Vernetzte Fahrzeuge, die miteinander kommunizieren, sind in das städtische Verkehrssystem integriert und minimieren so Staus und Unfälle. Autonome Elektrobusse und Shuttles übernehmen den Großteil des öffentlichen Nahverkehrs, der effizient und bedarfsgerecht auf die Bedürfnisse der Bürger*innen abgestimmt ist.

Das unterstützende Transformationsmanagement zur Umsetzung der regionalen Kreislaufwirtschaft der Zukunft

Die Transformation hin zur regionalen Kreislaufwirtschaft der Zukunft ist ein langfristiges, komplexes Unterfangen, das eine enge Zusammenarbeit und das Engagement aller Akteure und Handlungsebenen erfordert. Das Transformationsmanagement schafft den Rahmen, der den Übergang zur regionalen Kreislaufwirtschaft der Zukunft möglich und erfolgreich macht. Es sorgt für eine klare strategische Ausrichtung (u. a. über klare Zielsetzungen und Leitbilder), koordiniert die Zusammenarbeit zwischen den Akteuren, schafft Transparenz und Rechenschaftspflichten und fördert eine gerechte, inklusive und abgestimmte Entwicklung. Durch strategische Planung, technologische Innovationen, wirtschaftliche Anreize und eine umfassende Bildungsinitiative kann der Landkreis Saarlouis eine Modellregion für nachhaltige Entwicklung und wirtschaftliche Innovation werden. Dieses System kann nicht nur die Umwelt schützen, sondern auch wirtschaftliches Wachstum und neue Arbeitsplätze schaffen.

Akteure, Akteursarbeit und Beteiligung

In den Transformationsprozess müssen möglichst alle Akteure aktiv eingebunden werden; jede Akteursgruppe spielt dabei eine spezifische Rolle und trägt auf unterschiedliche Weise zum Erfolg des Transformationsprozesses bei.
Lokalpolitik: Die Lokalpolitik spielt eine unverzichtbare Rolle bei der Umsetzung von nationalen und regionalen Strategien auf lokaler Ebene. Durch ihre Nähe zur Bevölkerung und ihre Verantwortung für wesentliche Infrastrukturen und Dienstleistungen kann die Lokalpolitik maßgeblich zum Erfolg der Transformation beitragen, indem sie nachhaltige Lösungen fördert, lokale Akteure mobilisiert und den Rahmen für Kooperation und Innovation schafft. Die Lokalpolitik hat das Potenzial, den Wandel praxisnah und bürger*innennah zu gestalten und gleichzeitig wirtschaftliche, ökologische und soziale Vorteile für die Gemeinschaft zu fördern.
Kommunalverwaltung: Die Kommunalverwaltung ist der operative Kern der Umsetzung von Maßnahmen auf lokaler Ebene. Sie sorgt für die effiziente Verwaltung von Infrastrukturen und Dienstleistungen, fördert die Zusammenarbeit zwischen den Akteuren, unterstützt die lokale Wirtschaft und ist maßgeblich für die Einbindung der Bürger*innen in den Transformationsprozess verantwortlich. Ihre Arbeit bildet die Grundlage dafür, dass die theoretischen Konzepte der regionalen Kreislaufwirtschaft der Zukunft in die Praxis überführt und langfristig erfolgreich umgesetzt werden können.
Bildungseinrichtungen: Bildungseinrichtungen tragen durch die Vermittlung von Wissen, die Förderung von Forschung und Innovation, die Sensibilisierung der Öffentlichkeit und die Entwicklung von Kompetenzen entscheidend zur Umsetzung nachhaltiger Praktiken und zur Schaffung eines Innovationsökosystems bei. Die Zusammenarbeit zwischen Bildungseinrichtungen, der Industrie, der Zivilgesellschaft und der Politik ist entscheidend, um den Übergang zu einem ressourcenschonenden und umweltfreundlichen Wirtschaftssystem erfolgreich zu gestalten.
Universitäten & Forschungseinrichtungen: Forschungseinrichtungen treiben Innovationen voran, fördern den Wissensaustausch, entwickeln neue Technologien und Geschäftsmodelle und unterstützen die politische Entscheidungsfindung. Ihre interdisziplinäre und praxisnahe Herangehensweise sowie ihre Fähigkeit, wissenschaftliche Erkenntnisse in konkrete Lösungen umzusetzen, untermauern die Transformationsprozesse.
Wirtschaft & Unternehmen: Unternehmen treiben Innovationen voran, gestalten neue Geschäftsmodelle und setzen nachhaltige Lösungen in die Praxis um. Ihre Fähigkeit, Ressourcen effizient zu nutzen, Abfälle und Emissionen zu minimieren, technologische Lösungen zu entwickeln und nachhaltige Wertschöpfungsketten zu schaffen, ist entscheidend für den Erfolg der Transformation. Zusammenarbeit, Innovation und eine klare Ausrichtung auf nachhaltige Geschäftsmodelle sind hierbei die Schlüsselfaktoren.
Finanzsektor: Durch die Bereitstellung von Kapital, die Entwicklung innovativer Finanzierungsinstrumente, die Unterstützung nachhaltiger Praktiken und die Förderung von Kooperationen trägt der Finanzsektor maßgeblich zur Umsetzung nachhaltiger Projekte und zur Schaffung eines unterstützenden Umfelds bei. Zivilgesellschaftliche Organisationen: Organisationen der Zivilgesellschaft unterstützen die Sensibilisierung, Bildung und aktive Beteiligung der Bevölkerung, setzen innovative Projekte um und fördern den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren. Durch ihre Rolle als Vermittler zwischen der Bevölkerung, den Unternehmen und den Entscheidungsträger*innen sind sie für die Entwicklung von nachhaltigen Lösungen und politischen Rahmenbedingungen entscheidend.
Bürger*innen: Die Bürger*innen sind die größte Zielgruppe. Durch ihre vielfältigen Rollen als Mitgestalter*innen, Konsument*innen und Innovator*innen haben sie die Möglichkeit, einen signifikanten Einfluss auf die Entwicklung eines ressourcenschonenden und umweltfreundlichen Wirtschaftssystems auszuüben.
Medien: Durch die Verbreitung von Informationen, die Sensibilisierung der Öffentlichkeit, die Förderung von Diskussionen und die Schaffung von Transparenz haben die Medien einen bedeutenden Einfluss auf die Kommunikation des Transformationsprozesses und somit auf deren Akzeptanz. Das Projekt Konnekt bezog alle genannten Akteure bzw. Akteursgruppen aktiv in die Projektarbeit ein. Ziel war die Bildung eines Akteursnetzwerkes, das die Umsetzung der Maßnahmen und die Fortführung des Transformationsprozesses auch nach Projektemde sicherstellt.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Die rechtlichen Rahmenbedingungen fördern als Katalysator die regionale Kreislaufwirtschaft, indem sie Anreize für Innovationen schaffen, Unternehmen, Institutionen und Verbraucher in Richtung nachhaltiger Praktiken lenken, verbindliche Standards setzen, Märkte für nachhaltige Produkte und Dienstleistungen stimulieren und eine langfristige Planungssicherheit bieten. Aktuell werden nachhaltige Entwicklungsprozesse durch rechtliche Vorgaben, Überregulierung, Bürokratie, das Denken in Verwaltungsgrenzen oder durch das Festhalten an veralteten Strukturen, die z. T. noch immer auf das lineare Wirtschaften und auf „End-ofthe-pipe“-Lösungen ausrichtet sind, behindert. In Konnekt wurden im Rahmen der „Projekt direkt“-Ansätze rechtliche Hürden und Barrieren identifiziert und erste Lösungsansätze identifiziert, die das Ausschöpfen der verfügbaren Potenziale erlauben.

Wissensmanagement

Durch die effektive Organisation und Ausgestaltung eines Wissensmanagements können Kommunen, Unternehmen und Gemeinschaften ihre Innovationsfähigkeit steigern, die Ressourcennutzung optimieren und nachhaltige Praktiken fördern. Insbesondere der interdisziplinäre Austausch zwischen verschiedenen Akteuren, Disziplinen und Sektoren kann zu kreativen Lösungen und neuen Ansätzen führen. Das Wissensmanagement umfasst die systematische Erfassung, Speicherung, Verteilung und Nutzung von Wissen innerhalb einer Organisation als auch organisationsübergreifend, z. B. innerhalb einer Netzwerkstruktur. Hierfür bedarf es der Schaffung einer unterstützenden Wissenskultur, einer Kultur des kontinuierlichen Lernens und des Einsatzes geeigneter Technologien. Im Rahmen von Konnekt wurde eine Struktur für das institutionelle Lernen und den angewandten Wissensaustausch zwischen Kommunen erstellt. Der Wissens- und Datenaustausch sowie die Kommunikation der Ergebnisse erfolgt anhand teils innovativer Instrumente wie z. B. durch 360° Aufnahmen, die eine immersive und visuelle Darstellung von Informationen ermöglichen. In kommunalen Verwaltungen und Planungsprozessen können diese vor allem die Transparenz, Öffentlichkeitsbeteiligung, Schulung und Entscheidungsfindung fördern.

Technologische Infrastruktur  und Digitalisierung

Die Digitalisierung spielt eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung der regionalen Kreislaufwirtschaft. Es sollten digitale Plattformen entwickelt werden, die die Überwachung und Steuerung von Materialflüssen in Echtzeit ermöglichen. Hierfür kann anteilig auf Smart City-Technologien und vernetzte Sensoren zurückgegriffen werden. Diese Plattformen sollten aber auch das Teilen von Informationen sowie das gemeinschaftliche Planen, Verwalten und Organisieren ermöglichen. Ausgehend von existierenden digitalen Lösungen in den Kommunen wurde im Rahmen des Forschungsvorhabens die digitale Plattform iKonnekt entwickelt. iKonnekt verknüpft vorhandene Datengrundlagen mit relevanten Inhalten, die im Projekt erarbeitet wurden, und digitalen Tools zum Wissensmanagement. iKonnekt basiert auf Open-Source-Anwendungen und ist bedarfsgerecht modular erweiterbar. Perspektivisch soll iKonnekt von verschiedenen Nutzer*innengruppen verwendet werden. iKonnekt soll die beteiligten Kommunen und den Landkreis in die Lage versetzen, auf vorhandene Datengrundlagen zuzugreifen und diese zu erweitern, gemeinsam zu planen und Wissen auszutauschen. Bürger*innen bekommen die Möglichkeit, sich über aktuelle Entwicklungen im Landkreis zu informieren und erhalten vertiefte Hintergrundinformationen.

Identität & Werte

Lokale Werte und die kollektive Identität einer Region spielen im Hinblick auf die Akzeptanz und langfristige Stabilität von Transformationsprozessen eine zentrale Rolle. Eine erfolgreiche Umstellung auf eine regionale Kreislaufwirtschaft setzt voraus, dass die lokalen Werte, wie etwa Gemeinschaftssinn, Regionalstolz und nachhaltige Ressourcennutzung, gezielt in die Transformationsstrategie integriert werden. Diese Werte sollten nicht nur berücksichtigt, sondern als treibende Kräfte des Wandels genutzt werden. Dabei kann das Konzept der regionalen Kreislaufwirtschaft als eine Modernisierung traditioneller, auf Subsistenz und Ressourcenschonung basierender Wirtschaftspraktiken dargestellt werden. Durch die Betonung von „Regionalität“ und „Selbstverantwortung“ wird ein Gefühl der Identifikation mit den neuen wirtschaftlichen Modellen geschaffen, was deren Akzeptanz und langfristigen Erfolg sichert. Indem lokale Identitäten und Traditionen in den Wandel integriert werden, kann ein positives Narrativ geschaffen werden, das die Bevölkerung motiviert und den Wandel als Chance für die Stärkung der regionalen Autonomie und Nachhaltigkeit begreift.
Lokale Werte und die regionale Identität spielten eine wichtige Rolle im Visionsprozess des Vorhabens Konnekt, im Rahmen dessen durch die beteiligten Akteure lokale Besonderheiten und Traditionen in die Zukunftsvorstellungen eingebracht wurden.

HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN

  • Die interkommunale Zusammenarbeit sollte weiter ausgebaut und auf weitere Kommunen im Landkreis Saarlouis ausgedehnt werden.
  • Das Netzwerk der Akteure, die für den Aufbau einer regionalen und zukunftsfähigen Kreislaufwirtschaft wichtig sind, sollte ausgebaut und gepflegt werden. In diesem Kontext sollten regionale Innovationshubs gegründet werden, die Menschen, Ideen, Wissen und Technologien zusammenbringen, um gemeinsam Lösungen zu entwickeln.
  • Die Öffentlichkeitsarbeit hinsichtlich der Relevanz der regionalen Kreislaufwirtschaft sollte intensiviert und mit Angeboten zur Umweltbildung für alle Altersgruppen kombiniert werden.
  • Die Kommunen sollten in puncto regionale Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit immer mit gutem Beispiel voran gehen und überzeugende Demonstrationsprojekte umsetzen.
  • Chancen, die sich aus technischen Innovationen und der Digitalisierung ergeben, sollten konsequent genutzt werden. Daher sollten die Bemühungen, digitale Plattformen und Datenmanagementsysteme über Verwaltungsgrenzen hinweg aufzubauen, kontinuierlich weiterverfolgt werden.
  • Die Kommunen sollten interdisziplinäre Steuerungsstrukturen aufbauen, die verschiedene Akteure aus Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft einbinden und deren Aktivitäten koordinieren. Dies könnte durch die Schaffung eines „Regionalen Kreislaufwirtschaftsrats“ oder einer eher informellen „Denkfabrik für die Kreislaufwirtschaft der Zukunft“ erfolgen.
  • Der Fortschritt bei der Umsetzung der regionalen Kreislaufwirtschaft sollte auf Basis eines integrierten Indikatorensets regelmäßig gemessen und beurteilt werden (z. B. durch den „Regionalen Kreislaufwirtschaftsrat“ oder die „Denkfabrik“) Den Ergebnissen entsprechend sollten Strategien, Pläne und Aktivitäten der Kommunen angepasst werden.


Literatur:

Europäische Kommission 2019: Der europäische Grüne Deal. Pressemitteilung. (URL: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/ api/files/document/print/de/ip_19_6691/IP_19_6691_DE.pdf Zugriff: 15.10.2024)
Europäische Kommission 2020: Ein neuer Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft – für ein sauberes und wettbewerbsfähiges Europa. (URL: https://op.europa.eu/de/publication-detail/-/ publication/45cc30f6-cd57-11ea-adf7-01aa75ed71a1/ Zugriff: 15.10.2024)
Ministerinnen und Minister für Raumordnung, Raumentwicklung und/ oder territorialen Zusammenhalt (2020): Territoriale Agenda 2030. Eine Zukunft für alle Orte. (URL: https://territorialagenda.eu/de/ Zugriff: 15.10.2024)