Konnekt: Interkommunale Kooperation und Transformation als Grundlage einer regionalen Kreislaufwirtschaft und einer nachhaltigen Regionalentwicklung im Landkreis Saarlouis

Der Kriterien-Maßnahmen-Katalog (KMK)

Kriterien-Maßnahmen-Katalog (KMK) zur Bewertung nachhaltiger Wohn- und Gewerbegebiete

Autor*innen: Gregor Steinhöfel – Bauhaus-Universität Weimar, Professur Siedlungswasserwirtschaft und Technologien urbaner Stoffstromnutzungen; Imke Wißmann & Silvan Ostheimer, Björnsen Beratende Ingenieure, Leonberg

Mit dem Ziel, die kommunale Arbeit im Rahmen der Nachhaltigkeitstransformation für Wohn- und Gewerbegebiete zu unterstützen, wurde ein „Werkzeugkasten“ entwickelt. Hierzu gehört ein Kriterien-Maßnahmen-Katalog (KMK), der den Aufbau einer Strategie zur Anpassung an künftige ökologische, wirtschaftliche und soziale Herausforderungen in Wohn- und Gewerbegebieten unterstützt. Der KMK gibt eine Übersicht über besonders relevante Kriterien zur Bewertung der Nachhaltigkeit in Wohn- und Gewerbegebieten.

Zielstellung

Der im Rahmen des Projektes entwickelte Kriterien-Maßnahmen-Katalog (KMK) dient als vorbereitendes Werkzeug zur Bewertung der Nachhaltigkeit von Siedlungsstrukturen (Wohn- und Gewerbegebiete) im Bestand sowie bei der Planung. Der KMK richtet sich vornehmlich an kommunale Entscheidungsträger*innen und soll diese in die Lage versetzen, bestehende oder geplante Gewerbe- oder Wohngebiete hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit zu bewerten. Gleichzeitig können die aufgeführten Kriterien Anregungen geben, um kontinuierliche Verbesserungsprozesse einzuleiten. Dadurch soll der Einstieg in die nachhaltige Gestaltung von Wohn- und Gewerbegebieten und die damit zusammenhängenden Maßnahmen erleichtert werden. Der Fokus lag dabei darauf, die Komplexität so gering wie möglich zu halten, trotzdem aber die wichtigsten Aspekte darzustellen.

Entwicklung

Mittels einer Literaturrecherche wurden unterschiedliche internationale und nationale Bewertungssysteme, Maßnahmenkataloge sowie Rahmenpläne ausgewertet und maßgebende Inhalte zusammengetragen. Dabei wurde ein praxisnaher, auf den Untersuchungsraum im Saarland angepasster Maßnahmenkatalog entwickelt, welcher sich stark an etablierte Systeme, wie beispielsweise das der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) anlehnt. Bei der Erstellung des KMK galt es, die folgenden Fragen zu beantworten:

  • Wie versteht der einzelne Nutzende den Begriff Nachhaltigkeit/ nachhaltige Entwicklung?
  • Welche Dimensionen der Nachhaltigkeit werden berücksichtigt?
  • Gibt es übergeordnete rechtlich/ politisch Handlungsanforderungen, die eine nachhaltige Entwicklung vorgeben?

Für die Ebene des „Quartiers“ ergeben sich verschiedene Ansätze, die Nachhaltigkeit spiegeln. Im grundsätzlichen Sinne können Siedlungsräume als nachhaltig gelten, wenn sie umweltverträglich, lebenswert, sozial, wirtschaftlich stabil und weniger abhängig von globalen Rohstoffen und Ressourcen sind. Welche Kriterien sind aber entscheidend für eine Transformation hin zu einem nachhaltigen Quartier? Zu welchem Zeitpunkt sollten entsprechende Maßnahmen umgesetzt werden? Wichtig für die Auswahl und Zusammenstellung relevanter Zielkriterien ist es, entscheidende Handlungsanforderungen zu identifizieren. Insbesondere nationale rechtliche Vorgaben und Richtlinien sind Indikatoren für die Umsetzung von Maßnahmen und wurden bei der Einordnung der Bedeutung herangezogen. So sind allein in den letzten Jahren von der deutschen Bundesregierung gemeinsam mit dem Umweltbundesamt (UBA) zahlreiche Handlungsempfehlungen (u. a. die Nationale Wasserstrategie (03/2024), der Null-Schadstoff-Aktionsplan (01/2024), die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie (2021)) zur resilienteren Gestaltung von Stoffstromsystemen veröffentlicht worden. Basis für die Bewertung ist ein umfassender Nachhaltigkeitsansatz, der alle drei Säulen der Nachhaltigkeit – Ökologie, Ökonomie sowie soziale Aspekte – beinhaltet. Bei dem KMK für Gewerbegebiete kommt eine vierte Säule hinzu: das Gewerbegebietsmanagement. Dieses stellt einen Schlüsselfaktor für die Umsetzung und die langfristige Entwicklung von Gewerbegebieten und für die Einbeziehung relevanter Akteure dar. Der KMK wird als editierbare Version in Form einer Excel-Tabelle zur Verfügung gestellt. Dies ermöglicht eine flexible Anpassung. Somit liegt der Fokus darauf, ein Werkzeug zur Verfügung zu stellen, um eine Bewertung auf der Ebene des „Quartiers“ durchzuführen, auf deren Grundlage weitere Schritte identifiziert und festgelegt werden können. Gleichzeitig wird ein Bewusstsein für die wesentlichen Aspekte in Zusammenhang mit nachhaltigen Gewerbe- und Wohngebieten geschaffen.

Aufbau und Handhabung

Der KMK für Wohn- und Gewerbegebiete verfolgt eine Bewertung in Anlehnung an eine Nutzwertanalyse nach den klassischen, übergeordneten Nachhaltigkeitsdimensionen Ökologie, Soziales, Ökonomie und Gewerbegebietsmanagement hier als Säulen bezeichnet. Jede Säule unterteilt sich wiederum in unterschiedliche Nachhaltigkeitskategorien (vgl. Abbildung 2), denen Zielkriterien (z. B. „Verringerung schädlicher Emissionen“) zugeordnet sind. Jedes Zielkriterium verweist auf entsprechende Beispielmaßnahmen (z. B. „Minimierung des Einsatzes von Schadstoffen in der Produktion“), die zur Erfüllung des Kriteriums beitragen. Die Bewertung erfolgt über entsprechende Indikatoren, wobei diese aus nationalen Vorgaben und Empfehlungen resultieren. Darüber hinaus enthält der KMK zusätzliche Angaben über die mögliche nutzer*innenbezogene Wirkung (Individuum, Region), die Verantwortlichkeiten (Kommune, Quartiersgemeinschaft, Privatperson), hilfreiche Umsetzungsinstrumente (z. B. Bebauungsplan sonstige rechtliche Vorgaben oder kommunale Konzepte, städtebauliche Verträge, vertragliche Vereinbarungen, örtliche Bauvorschriften, Daten zu den Unternehmen im Gewerbegebiet). In einem weiteren Schritt legt der Nutzende fest, ob eine Bewertung im Bestand oder für die Planung eines bestimmten Gebietes beabsichtigt wird. Dieser Schritt ist wesentlich, da dies im Weiteren die Beschaffung und Anwendung unterschiedlicher Umsetzungsinstrumente betrifft. In der Folge wird für jedes Zielkriterium geprüft, welche Ambitionsstufe (in der Spalte „Anforderungen der Ambitionsstufen“) für den jeweiligen Indikator erreicht wird. Hilfreich ist u. a. folgende die Berücksichtigung folgender Randbedingungen:

  • aktuell geltenden Vorgaben bzw. bestehenden Anreizsystemen/ Konzepte
  • planungs-/baubezogene Vorgaben/ Ziele
  • erweiterte Anforderungen, die an eine Gebietsnutzung (Gewerbe, Wohnraum) gestellt. Die Ambitionsstufe kann mit 1 – durchschnittlich, 2 – fortschrittlich, 3 – ambitioniert in der entsprechenden Spalte im KMK festgelegt werden.

In der Spalte „Gewichtung“ hat der*die Nutzende die Möglichkeiten, die einzelnen Kriterien zu gewichten und somit festzulegen, wie stark diese in die Bewertung eingehen – hier innerhalb eines Bereiches von „0“ (geht nicht in die Bewertung ein) bis „3“ (geht sehr stark in die Bewertung ein). Die Gewichtung kann sowohl auf der Ebene der Zielkriterien (Gewichtung innerhalb der Kategorien), als auch auf der Ebene der Kategorien (Gewichtung der Kategorien untereinander) festgelegt werden. Als Ergebnis ergibt sich in einem separaten Modul (Bewertungsmatrix) für jede Kategorie, jede Säule der Nachhaltigkeit sowie für das gesamte Maßnahmenkonzept ein Scoring-Wert. Der Scoring-Wert gibt dem*der Nutzenden an, zu wie viel Prozent ein Maßnahmenkonzept, gemessen am bestmöglichen Ergebnis, als nachhaltig angesehen werden kann. Das Ergebnis wird zudem als Balkendiagramm auf dem Tabellenblatt „Balkendiagramm“ dargestellt.

Anwendung und Ausblick

Im Rahmen eines Testlaufs in Nalbach und Saarlouis sowie in den am Projekt beteiligten Transferkommunen wurde der KMK hinsichtlich seiner Eignung überprüft. Im Ergebnis konnte festgestellt werden, dass eine Umsetzung von Maßnahmen mit vielen Hürden auf politischer, personeller, finanzieller Ebene sowie einer geringen Beteiligungsbereitschaft von Unternehmen verbunden ist. Dies könnte durch Maßnahmen der Beteiligung und Akzeptanzstärkung (z. B. Bürger*innenbeteiligung sowie Gremienarbeit) ggf. vereinfacht werden. Insgesamt erscheint der KMK ein geeignetes Mittel zur ersten Orientierung für die Transformation hin zu nachhaltigen Siedlungsräumen zu sein. Die Anwendung in der Kommunalplanung hilft, Aspekte der Nachhaltigkeit systematisch in die Quartiersentwicklung zu integrieren.

Der KMK ist bald hier bzw. über die Webseite der Professur Siedlungswasserwirtschaft und Technologien urbaner Stoffstromnutzung der Bauhaus-Universität Weimar abrufbar.

Handlungsempfehlungen für Kommunen

Diese sollen in einem zusätzlichen Kasten präsentiert & hervorgehoben werden.

  • Ableitung und Überprüfung von Zielen, Ambitionsstufen, zu erwartenden Ergebnissen hinsichtlich der Nachhaltigkeitsbewertung 
  • Einordnung der Ziele gemäß aufgestellter Zeithorizonte (2030, 2050, 2100)
  • Durchführung einer Gebietsanalyse: Dokumentation von Wissen und Daten (z. B. Stoffstrombilanzen, natürliche Randbedingungen, Flächenverfügbarkeit, rechtliche Vorgaben, Fördermitteloptionen etc.)
  • Aufstellung einer Grob-/Feinplanung unter Einbindung relevanter Beteiligter bzw. Bildung eines breiten Projektkonsortiums (Fachplaner*innen, Verwaltung, kommunale Betreiber*innen etc.)  unter Nutzung des KMK
  • Anregen weiterer Gremienarbeit und Durchführung von Maßnahmen mit Bürgerbeteiligung zur Akzeptanzstärkung
  • Integrale Stadtplanung bei Neuplanung von Wohn- und Gewerbegebieten
  • Etablierung eines langfristig bestehenden Quartiersmanagements