Konnekt: Interkommunale Kooperation und Transformation als Grundlage einer regionalen Kreislaufwirtschaft und einer nachhaltigen Regionalentwicklung im Landkreis Saarlouis

Was hält uns ab?

Umsetzungshürden und notwendige Weichenstellungen für die Kreislaufwirtschaft der Zukunft

Autor*innen: Ulrike Schinkel, Mike Speck, Dorothee Siemer, Manuel Trapp, Simon Spath & Lili Meiser – IZES gGmbH; Vertreter*innen der Gemeinde Nalbach, der Kreisstadt Saarlouis und des Landkreises Saarlouis

Das Vorhaben Konnekt setzt sich neben der Entwicklung innovativer Technikkonzepte auch mit Fragenstellungen zur Umsetzung auseinander, identifiziert Umsetzungshürden und formuliert Handlungsempfehlungen für das Transformationsmanagement. Der nachfolgende Artikel greift die Inhalte des 3. Visionsworkshops auf, welcher mit Beteiligung der Vertreter*innen der Gemeinde Nalbach, der Kreisstadt Saarlouis und des Landkreises Saarlouis durchgeführt wurde, und fasst identifizierte Umsetzungshürden und notwendige Weichenstellungen für die Realisierung der Kreislaufwirtschaft der Zukunft im Landkreis Saarlouis zusammen.

Kommunale Akteure beklagen zu Recht, dass technische Lösungen für die Kreislaufwirtschaft bereits bekannt sind und dass die eigentliche Herausforderung in der Umsetzung liegt. Der 3. Visionsworkshop, welcher im Rahmen des Vorhabens Konnekt durchgeführt wurde, nahm sich diesem Thema an und legte den Schwerpunkt auf die Realisierung ausgewählter Zukunftsvorstellungen, auf die Identifikation von Umsetzungshürden und notwendiger Weichenstellungen. Aus den Zukunftsvorstellungen des 2. Visionsworkshops wurden die drei thematischen Cluster „Raumordnung“, „Regionalmarkt und regionales Wirtschaftssystem“ und „Ressourcenkreisläufe, Stoffstrom- und Energiemanagement“ gebildet, die von jeweils einem „Zukunftsteam“ bearbeitet wurden. In den folgenden Kapiteln werden auszugsweise die Ergebnisse der Kleingruppendiskussion dargestellt, die für Kommunen relevant sind.

Cluster Raumordnung

Zum Cluster „Raumordnung“ wurde u. a. die Frage, wie eine effiziente Flächennutzung und die Schaffung kompakter Zentren gelingen kann, intensiv diskutiert. Das „Zukunftsteam“ identifizierte für dieses Ziel eine Vielzahl von Hindernissen: Der Wohneigentumsanteil im Saarland und das Bedürfnis der Bevölkerung nach einem Einfamilienhaus ist sehr hoch; folglich wird die Bereitschaft der Bevölkerung, in Zentren und in kleinere – und erwartbar teurere – Wohnungen zu ziehen, als niedrig eingeschätzt. Diese Haltung wird zum Teil durch eine Kommunalpolitik bestärkt, die Einfamilienhausgebiete gezielt fördert.Fehlende finanzielle Ressourcen der Kommunen sowie der bestehende rechtliche Rahmen, z. B. in Bezug auf städtebauliche Dichten und Denkmalschutz, wurden als weitere Hürden für die Innenentwicklung benannt; auch wurden neue Konflikte, die durch Verdichtung in den Zentren entstehen, z. B. Nutzungskonflikte
und Lärm, befürchtet. Darüber hinaus wurden auch die Vorstellungen möglicher Investor*innen, die zum Teil nicht mit ökologischen Zielen vereinbar sind, beklagt.
Mögliche Weichenstellungen zur Stärkung der Innenentwicklung wurden zum Teil sehr kontrovers diskutiert. Zu diesen gehören u. a. die Förderung des Wohnens in Stadt- und Ortskernen durch z. B. finanzielle Anreize, der strategische Einsatz von Steuern und Gebühren sowie eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung. Die Bezahlbarkeit des Wohnens in den Zentren kann aus Sicht der Akteure durch eine effiziente Ver- & Entsorgung unterstützt werden. Durch spezielle Wohnangebote für alle Zielgruppen kann das Leben in den Zentren attraktiver gestaltet werden.
Finanzielle Mittel für die Transformation der Siedlungen können durch die Städtebauförderung bereitgestellt werden; aus Sicht der Akteure sollte grundsätzlich nur noch das Bauen in der Stadt aus öffentlichen Mitteln unterstützt werden. Zur Förderung der Zentrumsentwicklung müssen auch rechtliche Vorgaben angepasst werden, z. B. über Vorgaben zur Siedlungsentwicklung (z. B. über den Landesentwicklungsplan sowie über die kommunale Bauleitplanung). Im Allgemeinen muss ein Bürokratieabbau stattfinden, um innovatives Bauen im Bestand (z. B. im Hinblick auf den Denkmalschutz) und Nachverdichtung (wo diese sinnvoll ist) zu ermöglichen. Um den Bestand an Fachpersonal im Baugewerbe zu sichern, müssen moderne Ausbildungsangebote (Betriebe, Hochschulen) geschaffen und qualifizierte Planer*innen und Handwerker*innen im Saarland gehalten werden (z. B. durch die Schaffung attraktiver Arbeitsbedingungen).
Lösungen, um Nutzungskonflikte und z. B. Lärm in verdichteten Siedlungsräumen abzumildern, sehen die kommunalen Vertreter*innen in erster Linie in qualitativ hochwertigem Bauen und in der Gestaltung kluger, nutzungsgemischter Typologien. Um Investitionen in zentrumsnahes Wohnen interessanter
zu gestalten, könnten finanzielle Anreize für Investor*innen geschaffen werden; alternativ sollten kommunale Wohnungsbauunternehmen stärker in die Pflicht genommen und Wohnungsbaugenossenschaften stärker unterstützt werden.

Cluster Regionalmarkt und regionales Wirtschaftssystem

Das „Zukunftsteam“, welches sich mit dem Cluster „Regionalmarkt & regionales Wirtschaftssystem“ beschäftigte, setzte sich u. a. mit der Frage auseinander, wie die Nahversorgung ohne eigenes Auto funktionieren kann. Als Hürden wurden die Zentralität des bestehenden Angebots und die Bequemlichkeit der Konsument*innen einerseits, andererseits die aktuell nicht sichergestellte Wettbewerbsfähigkeit kleinerer Anbieter identifiziert. Die Dezentralisierung des Angebots kann durch den Ausbau eines Netzwerkes aus Dorf- und Hofläden, Regiomaten, fliegenden Händlern und Lieferdiensten erreicht werden. Die Kommunen und der Landkreis könnten hierfür ein Einzelhandels- und Logistikkonzept entwickeln und lokale Anbieter*innen gezielt fördern.

Cluster Ressourcenkreisläufe, Stoffstrom- & Energiemanagement

Die Diskussion des „Zukunftsteams“ zu diesem Cluster konzentrierte sich u. a. auf die Zukunftsfrage, wie eine 100 %-ige Kreislaufwirtschaft im Landkreis Saarlouis gelingen kann.
Du den identifizierten Hürden gehören u. a. wenig unterstützende rechtliche Rahmenbedingungen (Abfall- und Abwasserbegriff etc.), welche der Schließung von Stoffkreisläufen auf der kommunalen Ebene entgegenstehen, die als hemmend wahrgenommene Bürokratie, unklare Zuständigkeiten, langsame Planungs- und Entscheidungsprozesse und die fehlende Digitalisierung.
Eine weitere Hürde besteht in der aktuell geringen finanziellen Planbarkeit bei der Investition in entsprechende Technologien. Auch wird die Akzeptanz der Bevölkerung, z. B. im Hinblick auf das Recycling, die Reparatur und die Wiederverwendung von z. B. Gebrauchsgegenständen, als nicht hoch eingeschätzt. Zur Erreichung der 100 %-igen Kreislaufwirtschaft auf kommunaler und regionaler Ebene müssen daher zunächst die rechtlichen Rahmenbedingungen angepasst werden. Darüber hinaus muss die Kommunalverwaltung so aufgestellt werden, dass bürokratische Hürden abgebaut und die kommunalen Aufgaben im Zusammenhang mit der Kreislaufwirtschaft effizient bewältigt werden können. Hierfür muss auch die Kommunalpolitik ihre Führungsrolle stärker wahrnehmen. Um die Investitionssicherheit für Unternehmen und Kommunen zu erhöhen, sollten vermehrt Pilotanlagen umgesetzt und entsprechende anwendungsorientierte Forschung unterstützt werden. Um das Bewusstsein der Bevölkerung für eine Änderung ihres Konsumverhaltens im Sinne einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft vor Ort zu stärken, sollte die Kommune auf gezielte Bildungsangebote setzen.

Fazit

Während technische Lösungen zur Realisierung der Kreislaufwirtschaft heute weitestgehend bekannt und erforscht sind, steht die Umsetzung auf der lokalen Ebene noch immer vor großen Hürden. Der Artikel stellt Eingriffsmöglichkeiten der Kommunen zusammen, welche jedoch nur im Zusammenspiel mit Aktivitäten weiterer Akteursgruppen und Handlungsebenen, z. B. mit der Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen, mit auskömmlicher finanzieller Ausstattung und mit einem Bewusstseinswandel in Politik und Gesellschaft, erfolgreich sein können.

Handlungsempfehlungen für Kommunen

  • Um die Kreislaufwirtschaft in der Kommune bzw. im Landkreis zu fördern, sollten entsprechende Zielsetzungen formuliert und politisch verankert werden. Gleichzeitig müssen Zuständigkeiten innerhalb der Kommune festgelegt werden.
  • Um die Umsetzung technischer Lösungen zu unterstützen und ihre Wirtschaftlichkeit zu prüfen, sollten Pilotanlagen geplant und nach Möglichkeit durch die Eigenbetriebe betrieben werden.
  • Die kommunale Siedlungsentwicklung sollte überdacht und die Innenentwicklung priorisiert und aktiv forciert werden.
  • Zur Förderung der Regionalentwicklung und der dezentralen Nahversorgung sollten die Kommunen ein entsprechendes Einzelhandels- und Logistikkonzept erarbeiten.
  • Um das Konsumverhalten der Bürger*innen im Sinne der regionalen Kreislaufwirtschaft positiv zu beeinflussen, können die Kommunen bereits heute auf Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung setzen und z. B. auch die Einrichtung von Repaircafés und Secondhandläden unterstützen.